Kampf gegen Einsamkeit

Einsamkeit ist ein Problem, das zunehmend in das gesellschaftliche Bewusstsein rückt. Daran hat auch die Corona-Pandemie einen Anteil, denn die Zahl der Menschen, die unter chronischer Einsamkeit leiden, ist während dieser Zeit noch weiter gestiegen. 

Einsamkeit kann jeden treffen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad. Dennoch sind bestimmte Gruppen häufiger betroffen als andere. Beispielsweise ist das Einsamkeitsrisiko bei Menschen, die in Armut lebten, höher als bei Menschen in hohen Einkommensklassen.

Das gängige Bild „alt gleich einsam“ entspricht so pauschal allerdings nicht der Realität. Wie die Altersforschung zeigt, leben viele Senioren gut eingebunden in einem Netzwerk aus Familie, Freunden und Bekannten. Dies kann sich jedoch plötzlich ändern, etwa wenn der Lebenspartner stirbt oder Bekannte in ein Pflegeheim müssen. Weitere Faktoren, wie eingeschränkte Mobilität, schlechtes Hören, kognitive Einbußen und Erkrankungen, können dazu führen, dass aus dem rüstigen Senior innerhalb weniger Monate ein einsamer Hochbetagter wird. Und nicht zu vergessen: Auch pflegende Angehörige laufen Gefahr einsam zu werden, weil sie oft wenig oder gar keine Zeit mehr für eigene Kontakte haben.

Einsamkeit ist nicht nur ein deprimierendes Gefühl, sondern wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus. Sie führt zu Stress, beeinträchtigt den Schlaf, schlägt auf das Herz-Kreislauf-System und verkürzt die Lebenserwartung. Soziale Isolation und Einsamkeit bei Älteren gelten als Risikofaktoren für Depression, Demenz und wahrscheinlich auch für Wahn- und Angststörungen. Doch Einsamkeit kann nicht nur gesundheitliche, sondern auch anti-demokratische Folgen haben. Es gibt Hinweise, dass einsame Jugendliche häufiger Verschwörungstheorien und autoritären Haltungen zustimmen sowie politische Gewalt billigen als nicht-einsame.

Gut, dass die Politik (endlich) ins Handeln kommt. Im März dieses Jahres veröffentlichte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) den Entwurf eines Maßnahmenkatalogs gegen Vereinsamung. Auch die schwarz-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen beispielsweise hat sich das Thema Einsamkeit auf die Agenda gesetzt. Doch bis gute Ideen umgesetzt werden, geht vermutlich noch viel Zeit ins Land. Viel wichtiger ist es, kurzfristig vor Ort aktiv zu werden. Kirchengemeinden, Vereine und Verbände organisieren bereits Besuchsdienste, um die Einsamkeit alter Menschen zu durchbrechen. Auch die Kommunen sollten sich des Themas annehmen und niederschwellige Angebote für alte sowie für junge einsame Menschen schaffen, um sie wieder in die Gemeinschaft zu integrieren.